Bennett Rampelt | Rechtsdepesche.de | 15. März 2023 Lesezeit ~ 3 Minuten

Verfassungswidrige Rechtsverordnung?

Die Kanzlei Cäsar-Preller vertritt hunderte Mandantinnen und Mandaten mit Impfschäden nach einer Corona-Impfung. Der Regierung wirft sie vor zu wenig für die Betroffenen zu tun. Nun klagt die Kanzlei gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen einer Rechtsverordnung, die möglicherweise verfassungswidrig ist.

Viele Hürden für Menschen mit Impfschäden

Impfschäden nach einer Corona-Impfung können das Leben der Betroffenen völlig auf den Kopf stellen. Viele berichten davon nicht ernst genommen und alleingelassen zu werden. Ihnen steht zwar ein Versorgungsanspruch zu, diesen bei den Versorgungsämtern geltend zu machen, ist allerdings schwierig. Die Zahl der anerkannten Anträge auf Impfschäden ist jeher auf einem niedrigen Niveau.

Auch Schadensersatzansprüche bei den Impfstoffherstellern selbst zu fordern, ist für Betroffene nicht leicht. Dafür hat die Bundesregierung mit einer Rechtsverordnung gesorgt, die sie im Mai 2020 erlassen hat. Zu diesem Zeitpunkt war noch keiner der Corona-Impfstoffe auf dem Markt.

“Die Impfstoffhersteller hatten Sorge, dass sie wegen möglicher Impfschäden mit Schadensersatzforderungen von Impfgeschädigten überhäuft werden würden. Sie wollten die Impfstoffe nur liefern, wenn die Haftung von den Staaten übernommen wird. Dem ist die Regierung nachgekommen”, lautet der Vorwurf von Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller. Seine Kanzlei klagt aktuell gegen die Rechtsverordnung vor dem Verwaltungsgericht in Köln.

In Köln deshalb, weil dort der Dienstsitz des Bundesgesundheitsministeriums ist. Für den Anwalt ist die Rechtsverordnung verfassungswidrig.

Klage gegen Bundesrepublik Deutschland

In der besagten Rechtsverordnung wurde das Arzneimittelgesetz so angepasst, dass für die Hersteller keine Gefährdungshaftung mehr, sondern nun eine Verschuldungshaftung gilt. Konkret heißt es in der Verordnung: “Pharmazeutische Unternehmer, Hersteller und Angehörige von Gesundheitsberufen haben die Folgen der […] Abweichungen vom Arzneimittelgesetz nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz zu vertreten. Im Übrigen bleiben die Haftungen für schuldhaftes Handeln sowie die Haftung für fehlerhafte Produkte nach den Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes unberührt.”

Für Betroffene, die Schadensersatz wegen Impfschäden gegen den Hersteller durchsetzen wollen, bedeutet das, dass sie also das konkrete Verschulden des Herstellers darlegen und beweisen müssen.

Eine Hürde, die es so noch bei keinem anderen Impfstoff gegeben habe, sagt Cäsar-Preller im Gespräch mit der Rechtsdepesche: “Mit dieser Hürde entsolidarisiert sich der Staat mit den Betroffenen. Es hieß während der Pandemie immer ‘wir müssen solidarisch sein’. Die Betroffenen von den Impfschäden waren solidarisch und haben sich impfen lassen. Jetzt lässt der Staat sie im Stich. Die Belastung für sie ist enorm”.

Im Rahmen der EU-Verträge wurden die Impfstoffhersteller weitestgehend von der Haftung für ihre Produkte befreit. Mit der Rechtsverordnung habe die Regierung dann nicht an die Bürgerinnen und Bürger gedacht, sondern an die Pharmakonzerne. “Wenn es doch so wenige Impfschäden gibt, warum hat die Politik dann diese Hürden eingebaut? Die Regierung hat die Gewinne privatisiert und die Risiken sozialisiert”, so der Anwalt weiter. Dies sei eine Privilegierung der Corona-Impfstoff-Hersteller, die es so noch nicht gegeben habe.

In ihrer Ausrichtung sei die Rechtsverordnung somit verfassungswidrig. “Es ist doch der Staat, der gemäß Artikel 2 Absatz 2 Grundgesetz verpflichtet ist, seine Bürger zu schützen und ihnen nicht Steine in den Weg zu legen, wenn es zu Impfschäden kommt”, sagt Cäsar-Preller.

Gesundheitsministerium räumt Probleme ein

Jüngst hat sich Gesundheitsminister Lauterbach im ZDF zur Situation der Betroffenen von Corona-Impfschäden geäußert und Probleme eingeräumt. So seien die Verfahren bei den Versorgungsämtern zu eng gefasst. Zudem gebe es noch keine richtige Behandlung für Betroffene. In Bezug auf die “exorbitanten Gewinne” der Impfstoff-Hersteller sagte Lauterbach, dass eine Beteiligung der Firmen bei der Versorgung der Betroffenen “wünschenswert” sei.

Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller sieht sich damit in seinem Vorhaben bestätigt: “Für alle Impfgeschädigten ist das natürlich gut. Das gibt uns auch Rückenwind”. Trotzdem kommen die Zugeständnisse von Lauterbach zu spät, so der Anwalt: “Das sind ja nicht wirklich neue Erkenntnisse. Nur für Lauterbach selbst vielleicht. Bislang hat er gesagt, es gebe kaum bis keine Nebenwirkungen und jetzt stellt er sich hin uns sagt ‘Ich kämpfe jetzt für die Impfgeschädigten’. Das ist Wahnsinn”.

Entscheidung der Klage noch im Frühjahr

Angesichts der Aussagen von Lauterbach hofft Anwalt Cäsar-Preller, dass die Rechtsverordnung zurückgezogen wird. Seiner Meinung nach solle so der alte Zustand des Arzneimittelgesetzes wieder hergestellt und aus der Verschuldungshaftung wieder eine Gefährdungshaftung gemacht werden.

“Ich erwarte eigentlich, dass diese Privilegierung der Corona-Impfstoffhersteller von der Regierung zurückgezogen wird. Und solange das nicht passiert, solange klagen wir”. Für seine Klage gegen die Rechtsverordnung der Bundesregierung vor dem Amtsgericht in Köln erwartet der Anwalt noch im Frühjahr 2023 eine Entscheidung.